Von Zauberwürfeln und doofen Therapeuten.

Am Mittwoch hatte ich einen Termin bei einem Psychologen – der sollte für den Psychiater feststellen, ob es möglich wäre, dass bei mir Autismus vorliegt und um zu entscheiden, ob ich eine Überweisung zur genaueren Diagnostik bekomme oder nicht.
Der Psychologe war ein Fall für sich, letztendlich hat er mir die Überweisung aber zugesichert, mehr wollte ich von ihm ja gar nicht. Hat aber auch gesagt, dass er fragen möchte, ob die Diagnostik vielleicht doch hier vor Ort möglich ist – für Kinder ist es das nämlich. Ich bin ja mal gespannt, ob er das durchkriegt, ansonsten muss ich eben (mit meiner Betreuerin) nach Köln oder Aachen fahren, wo sich die von hier aus nächsten Zentren für Autismus im Erwachsenenalter befinden.

Ich habe während des gesamten Gesprächs immer wieder und wieder und wieder meinen Zauberwürfel gelöst. Der Psychologe hat immer wieder auf meinen Würfel geschaut, und beim ersten Lösen hat er sogar noch nachgefragt, ob er jetzt wirklich gelöst sei. Ja, war er. Überhaupt hat er ziemlich viel über Skills gesprochen, und über Selbstverletzung. Juchu, mein Lieblingsthema. Zwischenzeitlich habe ich ziemlich gemauert, und gerne Gegenfragen gestellt oder ihn auf Fehler in seiner Argumentation hingewiesen – aber ich habe ihn am Leben gelassen, Ehrenwort.
Und alle seine Finger hat er auch noch. Er hat zwischendurch tatsächlich versucht, mich aus der Reserve zu locken – aber ich habe ihn eiskalt abblitzen lassen. „Aber wenn Sie in der Öffentlichkeit einen Zauberwürfel lösen, dann ist das ja doch sehr auffällig.“ „Ja und? Das ist doch nicht mein Problem.“ „Ja… ja, also da haben Sie ja schon irgendwie Recht.“

Ich habe eine erklärte Abneigung gegen Psychologen und Psychiater, aber mit ihnen spielen tue ich ja doch hin und wieder ganz gern. Kniffelig wird es dann, wenn sie im Zweifelsfall darüber entscheiden, ob ich einkassiert werde oder nicht; ich finde zwar nicht, dass das nötig wäre, aber Fachmenschen könnten das eventuell anders sehen. Aber dieser Psychologe hat mich gefragt, ob ich mir eine stationäre Therapie vorstellen kann. „Nein.“ „Aber…“ „Nein!“ Nein, kann ich nicht. Erst recht nicht in dieser Klinik, wo selbst die Ambulanz schon total überfordert ist mit mir und wo sowieso nur Verhaltenstherapeutische Ansätze zur Anwendung kommen, die bei mir in mittlerweile vier Anläufen nicht gegriffen, sondern die Situation jedes Mal lediglich verschlimmert haben. Ich bin da also nicht mehr bereit zu Experimenten. Ich möchte bitte erst diese Diagnostik machen dürfen, bevor ich mich erneut in eine Therapie begebe, welche auch immer das dann sein mag.

Born to be a tupfenkind…

Puh. Gar nicht so einfach, wieder einen Anfang zu finden. Dabei lief es so gut. Ich habe ein Harry Potter Let’s Play für mich entdeckt, von diesem Handyspiel „Harry Potter: Hogwarts Mystery“. Ich weigere mich, das zu spielen, denn es funktioniert mit einem Energiesystem, was bedeutet, dass man entweder echtes Geld investieren (und das nicht zu knapp) oder ständig warten muss, bis sich die Energieleiste wieder aufgeladen hat und man weiterspielen kann. Darauf habe ich schlicht keine Lust – wie gut, dass es einen Potterhead gibt (na gut, er ist bestimmt nicht der einzige), der davon ein Let’s Play macht und stellvertretend für viele andere Menschen Geld ausgibt, um weiterzukommen.

Ich kann mich kaum aufs Schreiben konzentrieren; ich habe gestern Abend Bedarf nehmen müssen, weil ich extrem unruhig war. Ein neues Medikament, weil Tavor nicht funktioniert hat. Und scheinbar werde ich davon matschig. Gestern Abend hat es nicht wirklich etwas gebracht, aber heute fühlt sich mein Kopf an wie eine überreife Banane. Am Montag hatte ich ein Gespräch mit meiner Betreuerin, bei dem ich einige wichtige Erkenntnisse der letzten Zeit in Worte fassen konnte. Darüber wollte ich eigentlich jetzt schreiben, aber ich merke, dass das gerade nicht geht. Ich kann kaum den Bildschirm fokussieren, und zum Glück kann ich blind und komplett ohne Hinschauen tippen – sonst wäre hier wohl gerade nur Buchstabensalat. Also verschiebe ich das auf später.

Ein Nickerchen könnte mir jetzt gut tun. Sonst dümple ich den ganzen Tag vor mich hin, obwohl ich eigentlich gern rausgehen würde. Das Wetter ist schön, die Sonne scheint und ich fühle mich deshalb eingesperrt. Da hilft nur rausgehen, Sonne auf die Nasenspitze scheinen lassen und ein Eis essen. Aber in meinem jetzigen Zustand würde ich vermutlich vor das nächste Auto rennen, ohne es auch nur zu bemerken (wir erinnern uns: deshalb hatte ich Bedenken, mir Tavor einzuwerfen. Weil ich dieses wattige Gefühl nicht mag und mich nicht so matschig fühlen will.).

Schuldig.

In der letzten Zeit habe ich mich bemüht, im Durchschnitt jeden zweiten Tag zu bloggen. Und nun sind schon wieder einige Tage vergangen, an denen ich gar nichts geschrieben habe. Dafür ist vor Kurzem eine Schaltfläche auf meiner WP-Startseite erschienen, dass ich mit meiner Schreiberei Geld verdienen soll/kann. Das wäre mein Traum. Gleichzeitig mag ich nicht gezwungen sein, ständig irgendwelche Produkte anzupreisen, und ganz nebenbei glaube ich, dass mein Blog noch viel zu klein ist, damit das funktioniert. Aber vielleicht ja irgendwann…

Ich weiß gerade nicht, wieviele Tage seit dem letzten Post vergangen sind, ich schätze 4 oder 5. Ich versuche, mich dadurch nicht schlecht zu fühlen, denn in der Zeit ist wenig passiert – und noch weniger, über das ich etwas schreiben wollen würde. Und wieso sollte ich etwas schreiben, wenn ich nicht schreiben möchte? Manche Themen sind tabu, und andere nicht des Schreibens wert. Also lasse ich es, wenn ich nichts zu sagen habe. Eigentlich habe ich nur eine Sache getan, über die ich wirklich etwas schreiben mag. Ich habe wieder Klingen gekauft.

Ich fühle mich schuldig, weil ich das nicht hätte tun sollen. Dessen bin ich mir bewusst – aber ich fühle mich sicherer. So hätte ich jederzeit die Möglichkeit mich zu verletzen; das heißt nicht, dass ich es sofort tue, aber ich könnte. Und das allein zählt. Zeitgleich ist es nicht gut, mich zu verletzen. Ja ich weiß. Aber mir gehen die Strategien aus. Ich löse ständig meine Zauberwürfel, sogar den 4x4er habe ich mittlerweile bezwungen, und ich lese auch echt viel, aber ich schaffe immer nur ein paar Seiten, bevor ich mich nicht mehr konzentrieren kann. Das wird wohl an den Medikamenten liegen.

Auch meinen zweiten Tavor-Versuch habe ich mittlerweile hinter mir – mit dem Ergebnis, dass ich hinterher unruhiger war als vorher. Der Selbstverletzungsdruck ist gestiegen, und ich bezweifle, dass ich noch lange standhalten kann. Ganz im Gegenteil, es wundert mich, dass ich mich seit Donnerstag (=Tavor am Abend) noch nicht verletzt habe. Ich fühle mich schuldig, weil ich abhängig bin. Ich fühle mich schuldig, dass ich tatsächlich wieder Klingen gekauft habe. Ich fühle mich schuldig, weil ich bereits jetzt weiß, dass ich dem Verlangen irgendwann wieder nachgeben werde, obwohl die letzte Selbstverletzung (Verbrennung am linken Unterarm) noch nicht verheilt ist. Ich fühle mich schuldig, weil ich mich auf die entstehenden Narben freue, weil ich sie ästhetisch finde.
Schuldig in allen Punkten.

Tabletten-Reigen.

Zum Glück ist meine seltsame Anwandlung von „Ich muss unbedingt meinen Kopf gegen die Wand donnern.“ wieder vorbei. Also scheint es tatsächlich am Tavor gelegen haben. Ob es einen zweiten Versuch geben wird, weiß ich noch nicht – ich schätze, ich werde da mal meine Betreuerin um Rat fragen, was ich tun soll. Mir ist bewusst, dass ich die Entscheidung ob ja oder nein letztendlich selbst treffen muss, aber ich bin mir unsicher, ob ich das Risiko eingehen soll; wer weiß, wie stark dieses Verlangen bei einem zweiten Versuch ist. Ich habe wenig Lust, mit zertrümmertem Schädel im Krankenhaus zu liegen.

Apropos Medikamente: Am Freitag war ich mit der Katzen-Lady einkaufen, und vorher in der Apotheke. Ein Rezept von Mr. Droge das war ein Abenteuer… und eins vom Psychiater, macht insgesamt 3×100+2×50=400 Tabletten. Irgendetwas lief mit dem Drucker schief, jedenfalls drückte die Apothekerin mir nach einigem Hin und Her einen Kassenzettel in die Hand, auf dem nicht nur die einzelnen Medikamente draufstanden, sondern auch der Preis, den die Krankenkasse dafür zahlen muss. Und… wow, insgesamt über 200€ für Medikamente, von denen manche für 3 Monate reichen und andere nur gerade so für einen. Zum Glück muss ich das nicht selbst zahlen und sogar die 5€ Rezeptgebühr fallen dank Befreiungskarte weg – ein Hoch auf unser deutsches Gesundheitssystem. Ich bin wahrlich nicht der größte Fan davon, und ich falle auch ziemlich oft durch irgendwelche Raster durch, aber ich könnte es mir definitiv nicht leisten, die Medikamente alle selbst zu zahlen. Die Pille alle drei Monate reicht mir voll und ganz, und das sind „nur“ knapp 40€.

Aber zurück zur Vorgeschichte – das Rezept von Mr. Droge. Am 20. Mai habe ich dort ein Rezept bestellt, denn eigentlich hätte die Praxis ab heute 3 Wochen Urlaub gehabt. Die Praxis hat sowieso nur von Montag bis Donnerstag geöffnet, und auch nicht zu Vollzeit-freundlichen Zeiten, d.h. die Katzenlady könnte mir das Rezept nicht abholen. Letzte Woche Dienstag, am 26. Mai (ergo am 2. Arbeitstag nach Bestellung), bekam ich einen Anruf, dass ich doch gefälligst das Rezept abzuholen habe, ich hätte das ja schließlich bereits am 20. bestellt. Ja. Hatte ich. Weil ich nicht immer vorher abschätzen kann, an welchem Tag ich fit genug bin für einen Bus- und Fußmarsch dorthin. Und weil ich dachte, dass bald Urlaub ist und ich demnach vorher für Nachschub sorgen muss. Letztendlich abgeholt habe ich es dann am Donnerstag, denn Mittwoch war ja bereits verplant. Und am Tresen klebte ein Zettel, dass der Urlaub verschoben ist in die zweite Juni-Hälfte. Grummel. Dann hätte ich mir ja noch Zeit lassen können. Aber gut, jetzt habe ich eben eine Extra-Ladung Medis hier.
Die Sprechstundenhilfe, die sonst nur nachmittags da ist (nicht der Drache also), meinte, dass sie gerade noch an mich gedacht hätte und wie es mir geht und bliblablubb. Ich habe darauf verzichtet, eine Diskussion vom Zaun zu brechen darüber, dass sie meiner Meinung nach zum wiederholten Male alles andere als professionell auftritt. Aber meinetwegen, soll sie tun. Dann sprachen wir darüber, dass ich dort Briefumschläge deponieren soll, damit sie das Rezept nach Bestellung einfach schicken kann statt dass ich dort hinstolpern muss – ich bin aber noch nicht sicher, ob ich diesen Vorschlag wirklich realisieren soll, denn es ist zwar lästig, aber ich befürchte irgendwie, dass mein Zustand sich nur noch weiter verschlechtert, wenn ich nirgendwo mehr hingehe und alles per Post/online/durch meine Betreuerin/durch die Katzen-Lady erfolgt. Also tendiere ich eher dazu, wie vorher auch die Rezepte selbst abzuholen. In absoluten Notfällen wäre es zwar praktisch, nicht hinzumüssen, aber auf Dauer ist es keine zufriedenstellende Lösung.

Lieber Körper, krieg‘ dich bitte wieder ein. Ich brauche dich noch eine ganze Weile. Bittedankeschön!